Bildung + Lernen gGmbH

 
 

08.03.2017 | Offene Ganztagsschulen (OGS) sollen sowohl ein umfassendes und ganzheitliches Bildungs- und Erziehungsangebot als auch ein verlässliches Betreuungs- und Förderangebot für alle Schülerinnen und Schüler in NRW bieten. Etwa 80 Prozent der Offenen Ganztagsschulen werden von Trägern der Freien Wohlfahrtspflege geführt. Diese finden: die aktuellen Rahmenbedingungen für den Offenen Ganztag sind nicht ausreichend, um den Anforderungen entsprechen zu können. Die Qualität der Ganztagsschulen hängt vorrangig von den freiwilligen Leistungen der einzelnen Kommunen bzw. Kreise ab. Große regionale Ungleichheiten bzgl. Finanzierung, Standards und Strukturen sind die Folge.

Deshalb starten sie 14 Jahre nach Einführung der Offenen Ganztagsschulen eine Kampagne für einheitliche Standards und eine sichere Finanzierung und Ausstattung. 
 
Zur Auftaktveranstaltung im Haus der Technik in Essen trafen sich 320 Fachkräfte.  Prof. Dr. Ulrich Deinet referierte, wie Kinder die Ganztagsschule erleben und welche Konsequenzen für die Rahmenbedingungen sich daraus ergeben. Die Vorsitzende des Arbeitsausschusses Familie, Jugend und Frauen der Freien Wohlfahrtspflege NRW, Helga Siemens-Weibring stellte die Kampagne vor. Anschließend verdeutlichten Vertreter*innen aus der Jugendhilfe, Schule und Kommunalpolitik in einem Podiumsgespräch ihre verschiedenen Positionen zur Situation im Offenen Ganztag.  
 
Andreas Johnsen, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege in NRW stellte fest: „Die Offene Ganztagsschule ist ein zentraler Bereich der gesellschaftlichen Entwicklung. Es geht um die kognitive und soziale Begleitung unserer Kinder in einer wichtigen Lebensphase. Deshalb muss die Offene Ganztagsbetreuung an Schulen durch verbindliche Festlegung von Standards, höhere Etats, eine einheitliche Förderung in NRW und eine verlässliche gesetzliche Regelung gesichert und weiter ausgebaut werden.“ 
 
Die Kampagne wird durch Aktionen vor Ort begleitet und endet am 12. Juli 2017 mit der Übergabe der Forderungen vor dem Düsseldorfer Landtag. Das der Kampagne zugrunde liegende Positionspapier der Freien Wohlfahrtspflege NRW sowie weitere Informationen gibt es unter http://freiewohlfahrtspflege-nrw.de/initiativen/ogs-kampagne/einfuehrung/

Die BILDUNG + LERNEN gGmbH, eine Tochter der AWO Unterbezirk Unna, hat am Kampagnenauftakt teilgenommen und wird sich auch vor Ort an der Kampagne beteiligen. Sie ist an elf Schulen in fünf Städten und Gemeinden des Kreises Unna mit 39 Gruppen tätig und betreut 993 Grundschüler*innen.

 

20.02.2017 | Am vergangenen Samstag machten sich Patinnen und Paten des Schwerter AWO-Projektes JEKAMI mit ihren Patenfamilien auf den Weg zur Burg Altena. Als der Zug in Altena einfuhr und die Burg hoch oben auf dem Berg sichtbar wurde, hielt es die Kinder kaum noch auf ihren Plätzen. Nach kurzem Fußmarsch ging es durch einen schmalen Gang, der zum Erlebnisaufzug führte. An verschiedenen Stationen erfuhren Kinder, Eltern und Paten historisches zur Burg und der Adelsfamilie, sahen sich in einem Bildschirm als Ritter und machten sich auf die Jagd nach einem sehr scheuen Reh. Der Aufzug brachte sie dann blitzschnell hinauf zur Burg. Schon standen alle im Burghof und wurden im Rahmen einer Führung erst einmal zu Rittern und Burgfrauen „geschlagen“.

Aktuell gibt es in Schwerte 33 ehrenamtlich aktive Patinnen und Paten zwischen 20 und 75 Jahren. Diese  unterstützen und entlasten Eltern und ihre Kinder und  werden  in ihrer Tätigkeit von der AWO Familienbildungsstätte begleitet. Die Nachfrage  an Patinnen und Paten wächst ständig. Wer wöchentlich 2 bis 3 Stunden Zeit hat, mit einem Kind zu spielen, Ausflüge zu machen, die Eltern (häufig Alleinerziehende) zu entlasten oder bei Behördenangelegenheiten zu helfen, kann sich  gerne bei der AWO-Familienbildungsstätte, Westhellweg 218, in Schwerte (Tel. 02304 98106-0 / E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) melden.

Foto: Die Teilnehmenden des JEKAMI-Projektes am Schwerter Bahnhof, dem Start- und Endpunkt eines tollen Ausfluges

02.02.2017 | Unna/Gelsenkirchen. Stellt das Down-Syndrom ein Hindernis für die berufliche Laufbahn dar? Nicht grundsätzlich. Die 20-jährige Janine Knegt aus Unna gehört seit über einem Jahr zum fünfköpfigen Team des Gelsenkirchener Unternehmers Michael Sarholz, der den Einradversand AJATA betreibt. Die langfristige Vermittlung in Arbeit gelang mitunter durch eine enge Zusammenarbeit der betreuenden Behörden Agentur für Arbeit Hamm sowie Jobcenter Kreis Unna und dem regionalen Bildungsträger BILDUNG+LERNEN gGmbH, eine Tochtergesellschaft der AWO Unterbezirk Unna.

Ihre Schwerbehinderung hat Janine Knegt nie als Hindernis, sondern als Motivation gesehen, gesteckte Ziele zu erreichen. Die Arbeitsaufnahme bei AJATA bildet für sie den bisherigen Höhepunkt ihrer Laufbahn. „Ich habe einen tollen Arbeitsplatz gefunden. Meinen Chef und die Kollegen mag ich sehr und meine Arbeit macht mir großen Spaß.“ Den familiären Halt im Rücken, begann Janine Knegt schon früh, sich hohe Ziele zu stecken. Ihre Mutter Claudia Knegt erinnert daran, dass es nicht immer einfach gewesen sei, ihrer Tochter den inklusiven Werdegang zu ermöglichen. „Erzwingen kann man diesen inklusiven Weg nicht, denn es darf natürlich nicht zu Lasten des Kindes gehen. Janine besuchte die Gesamtschule aufgrund ihrer kognitiven Einschränkungen zieldifferent, d.h. sie musste das Klassenziel nie erreichen, sondern wurde nach ihren Möglichkeiten gefördert. Sie hat zwar nie einen Schulabschluss erreicht, aber sie besuchte nach der 9. Klasse drei Jahre die Förderschule mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung“. In Kooperation mit Arbeitsagentur, Jobcenter und dem Bildungsträger Bildung + Lernen gGmbH nahm sie in dieser Zeit an dem Projekt NeuEinstellung zur beruflichen Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt teil. Dabei erhielt sie Schulungen und Mobilitätstraining und konnte intensiv betreute Praktika absolvieren; eines davon beim Einradversand AJATA in Gelsenkirchen. Dass ihr Arbeitsort in Gelsenkirchen sein würde, schreckte zuerst ab. Durch die Unterstützung des Bildungsträgers, in Person des Jobcoaches Marco-Sandor Fußy, übte Janine Knegt die Fahrtstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein. Das einjährige Langzeitpraktikum mündete schließlich in ein Arbeitsverhältnis. Seitdem kommissioniert und verpackt Janine Knegt in ihrem Arbeitsalltag Bauteile von Einrädern.

Monika Boxhammer und Nicole Keller, Vertreterinnen von Arbeitsagentur und Jobcenter, begleiteten den Prozess: „Eine berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen kann funktionieren, wie dieser Fall zeigt. Dabei spielt die Kooperation unserer Arbeitsverwaltungen und dem Bildungsträger eine enorme Rolle. Nur gemeinsam können wir jedem Bewerber die individuelle Hilfestellung bieten, die für eine nachhaltige Vermittlung in Arbeit notwendig ist.“ Gern würden sie es sehen, wenn auch weitere regionale Arbeitgeber sich trauen würden, einen Bewerber mit Behinderung einzustellen. Dafür bieten sie Interessierten kostenlos Beratungen und Hilfestellungen an und unterstützen Arbeitgeber bei ihrem Entscheidungsprozess. Ob ein Bewerber in den eigenen Betrieb passt oder den Anforderungen gewachsen ist, kann schon ein Praktikum zeigen. „Mit dem Fall von Janine Knegt möchten wir zeigen, dass Menschen mit Behinderungen einen Betrieb bereichern können“, erklären die Verantwortlichen unisono, die sich im regelmäßigen Austausch mit Arbeitgebern immer wieder mit klassischen Vorurteilen konfrontiert sehen.
Vorbildlich reagierte AJATA-Geschäftsführer Michael Sarholz. Er hatte sich explizit darum bemüht, einem jungen Menschen mit Behinderung einzustellen. Das begleitete Langzeitpraktikum von Frau Knegt war für alle Beteiligten im Betrieb lehrreich. Der Gelsenkirchener Sarholz erklärt: „Als Janine in unser Team kam, haben wir erkannt, dass wir viele Dinge vereinfachen können; so beschriften wir seitdem die Regale mit Etiketten in einer größeren Schriftart. Davon profitieren letztendlich alle Beschäftigten.“  

Tiefergehendes fachliches Know-how erwarb Janine Knegt durch Jobcoach Marco-Sandor Fußy, der durch die begleitende Betreuung in dem Betrieb ein Arbeitskollege auf Zeit war. Zusätzlich stand auch Mitarbeiterin Anne Holzheuer der jungen Frau in der Folge zur Seite: „Gemeinsam meistern wir auch heute noch die täglichen Herausforderungen des Arbeitsalltags. Des Weiteren unterstütze ich Janine in ihrem Aufgabenspektrum oder gebe ihr konkrete Anleitungen bei einigen Tätigkeiten.“ Zufrieden blickt Janine Knegt auf das erste Berufsjahr bei AJATA zurück, ermöglichte es ihr doch, noch selbstständiger und unabhängiger zu werden. Damit nähert sie sich nun ihrem nächsten Ziel heran: bald die erste eine eigene Wohnung zu beziehen.

Jobcenter Kreis Unna (http://www.jobcenter-kreis-unna.de/artikel/news/mitten-im-berufsleben.html)
Text: Antonia Mega
Foto: Katja Mintel

24.12.2016 | Thomas will nicht in die Behindertenwerkstatt
Mit gleichmäßigen Bewegungen reibt Thomas mit einer blaue Masse über die Motorhaube eines PKW. „Diese Reinigungsknete nehmen wir, um vom Pkw-Lack
hartnäckige Teerflecken rückstandslos zu entfernen“, erklärt Thomas Kem sachkundig. Eigentlich nichts Ungewöhnliches? Doch, denn der behinderte 19-Jährige aus Rünthe durchläuft hier ein von der Arbeitsagentur Hamm gefördertes einjähriges Praktikum im Rahmen der „Unterstützten Beschäftigung“. „Ich wollte nach Abschluss der Schule am Marsbruch (Anm. d. Red.: LWL-Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung in Dortmund) nicht in eine Werkstatt für Behinderte. Ein Arbeitsplatz war und ist mein Ziel“, erklärt Thomas selbstbewusst.

Nach einem Schulpraktikum in einem Getränkehandel suchte er in diesem Jahr gemeinsam mit Arbeitstrainer Marko Fußy von Bildung & Lernen (AWO) nach einem
Praktikumsplatz für die Fördermaßnahme „Unterstützte Beschäftigung“, die die  Arbeitsagentur finanziert. Während einer Autofahrt hielten Fußy und Kem ganz spontan beim Fahrzeugaufbereiter CSP an der Werner Straße an. Dort stieß ihre Frage nach solch einem einjährigen Praktikumsplatz bei Prokurist Ralf Mischefski gleich auf offene Ohren.

„Um Thomas in den Betriebsablauf bestmöglich zu integrieren, suchten wir nach Lösungen wie wir ihn entsprechend seiner Behinderungen einsetzen können“, so Mischewski. „Mit unserem Mitarbeiter Steven Glodeck stellten wir ihm eine Art Paten
zur Seite, der in allen Fragen Ansprechpartner ist. Es ist erstaunlich wie gut sich Thomas hier in wenigen Wochen entwickelt hat“.

Auch in den Kollegenkreis ist er voll integriert. „Zunächst war es für mich ungewöhnlich, dass sich hier alle duzen. Auch mit meinem Chef Ralf. Steven ist für mich im Betrieb eine tolle Hilfe. Er hat viel Geduld beim Erklären der Arbeitsschritte und auch mit welchen Hilfsmitteln bei welcher Reinigungsarbeit gearbeitet wird“, erzählt Thomas Kem.

Arbeitstrainer begleitet ihn
Momentan begleitet ihn Arbeitstrainer Marco Fußy noch ab und zu bei CSP. Thomas
wird derzeit in der Innenreinigung der Fahrzeuge eingesetzt. „Mit verschiedenen Hilfsmitteln reinigen wir den kompletten Innenraum der Fahrzeuge. Mit dem Tornado
blase ich beispielsweise Staubpartikel aus unzugänglichen Ecken“, so Thomas. „Das Gerät mischt der Druckluft etwas Feuchtigkeit zu, die den Staub bindet, damit man ihn später absaugen kann“. „Wir überlegen derzeit, wie wir Arbeitsmaschinen wie beispielsweise eine Poliermaschine so umrüsten können, dass Thomas sie problemlos bedienen kann. Eventuell reicht schon ein speziell entwickelter Haltegriff“,
so Mischewski. „Weil er sich innerbetrieblich so gut entwickelt, schicken wir ihn demnächst zu einem Lehrgang in Unna, wo er Techniken und Hilfsmittel bei der Fahrzeugaufbereitung noch intensiver lernt“.

Thomas fährt täglich mit dem Bus zur Arbeit. Freitags ist Seminartag bei der AWO in Kamen. „Natürlich würde ich später auch gern den Führerschein machen und eine eigene Wohnung beziehen“, meint Thomas. In der Freizeit hört er gern Rap von Tupac oder Eminem. Als Fußballer spielte er in der Schulmannschaft. „Man muss selbstständig werden, eigene Stärken und Schwächen erforschen. Dabei hat mir Herr Fußy sehr geholfen. Auch die anderen Kollegen bei CSP sind echt nett“, erzählt Thomas. „Ich finde es großartig zu hören wie zufrieden man bei CSP mit Herrn Kem ist. Dafür, dass man sich um ihn bemüht, Pläne mit ihm hat, bin ich Herrn Mischewski sehr dankbar“, so Fußy. Ralf Mischewski kann sich vorstellen, dass Thomas Kem nach dem Praktikum bei CSP weiterbeschäftigt wird. „Besonders wenn er den  Führerschein hat, ist er auch mit seiner Behinderung gut einsetzbar.

Foto: Unter Anleitung von Erhan Yesildag entfernt Thomas Kem hartnäckigen Schmutz auf der Motorhaube mit Reinigunsknete.

 

Quelle: Westfälischer Anzeiger
Text und Foto: Jürgen Klammer